Deutsches Hugenotten-Museum Bad Karlshafen |
01.04.2024 - 31.10.2024 |
Geschichte - 7. Die Flucht der Hugenotten1. Wie die Hugenotten zu ihrem Namen kamen Für die Freiheit des GlaubensMit allem Hab und Gut auf der Flucht Zunächst ist es wichtig zu betonen, dass die Hugenotten keine Heimatvertriebenen waren. Im Gegenteil, Ludwig XIV. hatte in seinem Edikt von Fontainebleau im Oktober 1685 seinen protestantischen Untertanen ausdrücklich das Verlassen des Landes verboten. Nur die reformierten Prediger sollten innerhalb von 15 Tagen aus Frankreich abziehen, wenn sie nicht vorher katholisch wurden. Ein weiteres Faktum ist hervorzuheben: Hugenotten waren keine Wirtschaftsflüchtlinge, die in anderen Ländern günstigere Lebensbedingungen suchten. Sie verließen in der Regel gesicherte finanzielle Verhältnisse und wussten nicht, was sie im Refuge erwartete. Der einzige Grund für sie, das Land zu verlassen, war der Wunsch, als reformierte Christen ohne Verfolgungen und Einschränkungen in ihrem Glauben und ihrer Überzeugung leben zu können. Die Hugenotten waren Glaubensflüchtlinge. Nicht allein auf der FluchtReformierte Flüchtlinge Die Flucht französischsprachiger reformierter Christen begann bereits im 16. Jahrhundert. Es waren zunächst Wallonen aus den Niederlanden, die dem Druck Herzog Albas und der spanischen Besatzer entwichen waren und vor allem entlang des Rheins in Wesel, Köln, Frankfurt, Hanau, in der Pfalz und in Straßburg eine neue Heimat fanden. Der polnische Reformator Johannes á Lasco (ca. 1500-1560) begründete 1544 in der Stadt Emden eine niederländisch-reformierte Gemeinde. Den Wallonen folgten die Hugenotten aus den französischen Stammlanden. Sie verließen ihre Heimat im Zuge der immer stärker werdenden Verfolgungen der Reformierten während der Regierungszeit Ludwig XIV. Alle Dämme brachen, als der sogenannte Sonnenkönig mit dem Edikt von Fontainebleau im Oktober 1685 die relative Religionsfreiheit der Hugenotten in seinem Königreich endgültig aufhob. Ca. 170.000 Menschen (die genaue Zahl ließ sich bisher nicht ermitteln) verließen innerhalb weniger Monate das Land. Ihnen folgten die Waldenser aus dem Herzogtum Savoyen, einem Satellitenstaat der Franzosen, der sich an die Pariser Vorgaben zu halten hatte. 1702 flüchteten auch die Orangeois aus dem südfranzösischen Fürstentum Orange, das seine Selbständigkeit an Frankreich verloren hatte. Wohin gehen?Flüchtlinge überqueren den Jura Obwohl die Grenzen des Königreichs Frankreich bewacht waren, gelang es doch der Mehrzahl der flüchtenden Hugenotten, das Ausland zu erreichen. Ihre Fluchtschicksale haben einige von ihnen später zu Papier gebracht und der Nachwelt von den Entbehrungen und Gefahren der Flucht berichtet. Naturgemäß gab es verschiedene Ziele, die die Réfugiés erreichen wollten. Die Nordfranzosen zogen in die nahen Niederlande. Für die Hugenotten im Westen Frankreichs bot sich ein Schiff nach England an. Die Mehrzahl der Hugenotten lebte aber im Süden Frankreichs und versuchte, von dort in die Schweiz zu entkommen. Das kleine Land wurde geradezu überschwemmt von den Flüchtlingen. Die Schweizer Kantone versuchten in Verhandlungen mit deutschen Fürstenhäusern den Weiterzug eines großen Teils der Réfugiés nach Deutschland zu erreichen. Ankunft in DeutschlandFlüchtende hugenottische Familie Viele kamen über Frankfurt am Main, der Drehscheibe des Refuge, wo die Flüchtlinge Unterstützungen empfingen und mit den Abgesandten der an Flüchtlingen interessierten deutschen Fürsten die Ansiedlung und den Weitertransport in die Zielorte besprachen. Die vielfältigen Strapazen der Flucht können hier nicht geschildert werden. Viele Réfugiés, insbesondere Alte und Kinder, wurden krank oder starben an den Folgen von Hunger, Kälte und Mangelerscheinungen. Die Nöte und Entbehrungen der Anfangsjahre im Refuge führten zu einer weiteren Erhöhung der Sterberate unter den Hugenotten. Es dauerte Jahre und oft Jahrzehnte bis die Réfugiés in ihrer neuen Heimat einigermaßen normale Lebensumstände erreichten. |
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